Zugegeben, Pizza wie wir sie kennen, ist ein recht modernes Nahrungsmittel. Dennoch schien das typische Lieblingsessen den TeilnehmerInnen der Steinzeit-AG des Progymnasiums Bad Buchau mehr als geeignet, um ihren selbstgebauten Steinzeitofen einzuweihen. Gemeinsam mit Chris Günther vom Federseemuseum, der das Progymnasium bei Bau und Konstruktion unterstütze, konnten die SchülerInnen vor den Pfingstferien das erste mal sozusagen die gebackenen Früchte ihrer Arbeit ernten. Das Projekt, das einem Aspekt des Programms der UNESCO-Schulen entspricht, wurde von den Schüler mit großem Engagement und handwerklichem Geschick umgesetzt.
Seit Dezember arbeiteten die AG-TeilnehmerInnen daran, einen Lehmofen, wie er in vielen jungsteinzeitlichen Siedlungen zu finden ist, nachzubauen. Dabei wurden zunächst Artikel aus Fachzeitschriften gewälzt, um das entsprechende Fachwissen zu erwerben. Schnell stand fest: Im Gegensatz zu seinem steinzeitlichen Vorbild sollte unser Ofen transportabel sein! Dazu musste er jedoch etwa im Maßstab 1:4 verkleinert werden. Mehrere Skizzen wurden angefertigt, bis die Planung zu aller Zufriedenheit abgeschlossen war. Zuerst wurde der Grundkörper aus Weiden geflochten. Dazu eignen sich am besten die frisch geschnittenen Zweige, die noch richtig biegsam sind. „Eigentlich schade, wenn man von all dem später nichts mehr sieht“, dachten sich die SchülerInnen und beschlossen, ein zweites Exemplar zu bauen – nicht funktionstüchtig, aber mit vielen Lücken im Lehm, sodass der Betrachter sich einen guten Überblick über den inneren Aufbau verschaffen kann. Hier sieht man dann auch, dass der Boden der Lehmöfen nicht nur aus Lehm bestand, sondern mit Stein- und Rindenschichten auf dem Hausboden aufgebaut wurde. Bei uns ersetzte eine Platte aus Schamott die originale Backplatte aus kleineren Steinen und Lehm. Wenn das Weidengeflecht fertiggestellt ist, wird der Lehm aufgetragen. Dies funktioniert am besten, wenn man die Weiden mit dem Lehm bewirft – so bleibt er richtig gut im Geflecht hängen. Beim ersten Anfeuern muss man vorsichtig vorgehen, damit der Lehm aufgrund der heftigen Temperaturschwankung nicht bricht. Da sich der Ofen beim Erhitzen in jedem Fall ausdehnt, müssen die dabei entstehenden Risse während des Anfeuerns neu mit Lehm verschmiert werden. Nun ist wie beim Grillen etwas Geduld gefragt: Hat sich eine schöne Glut gebildet, wird diese in den hinteren Teil des Ofens geschoben. Vorne werden dann die Teigstücke gebacken. Unsere Pizza mag zwar in einigen Aspekten von den jungsteinzeitlichen Backwaren abweichen, die Form ist aber ähnlich: Auch damals wurde Getreidebrei oft flach gepresst und dann gebacken. Die kleinen Lehmkrümelchen, auf die man ab und zu beißt, tragen ebenfalls zum echten Steinzeit-Feeling bei. Dem könnte man natürlich mit Backpapier Abhilfe schaffen – leider würde dieses jedoch bei Temperaturen über 300°C, wie sie auch von unserem kleinen Modell erreicht werden, anfangen zu brennen. Da die Lehmschicht dünner ist als beim Original, kann unser Ofen die Wärme leider nicht so lange speichern. Dies bedeutet, dass man nach dem Entfernen der Glut aus dem Ofen nicht wie bei seinem großen Vorbild noch lange Zeit backen kann. Mit der Resthitze konnte man damals nicht nur kleinere Teiglinge backen, sondern auch Wildobst darren und andere Vorräte trocknen. So halfen die Lehmöfen dabei, die Nahrung länger haltbar zu machen. Wer jetzt einen eigenen Lehmofen im Garten nachbauen will, sollte unbedingt darauf achten, dass dieser geschützt steht – ein paar Regengüsse machen das Werk schnell unbrauchbar.
Das Konzept der UNESCO-Welterbeerziehung, das den programmatischen Rahmen des Projekts bildet, orientiert sich an folgenden Prinzipien:
- Deutsche, europäische und weltweite Welterbe-Stätten kennen und achten und als gemeinsames Erbe der Menschheit verstehen
- Das Welterbe in seiner Vielfalt schätzen: Naturerbe, Kulturerbe, Erinnerungsstätten, Immaterielles Erbe
- Aktiv am Erhalt und der Pflege bestehender Natur- und Kultur-Stätten mitarbeiten
- Das UNESCO-Welterbe in Unterricht und Schulalltag verankern und nutzen, die Welterbestätten als außerschulische Lernorte erleben
Text und Bilder: Bianca Leutz