Frau Boss im Ruhestand – Reden zur Verabschiedung

Nach 41,5 Dienstjahren wurde Frau Ursula Boss am Progymnasium Bad Buchau in den Ruhestand versetzt. In den Abschiedsreden während des Schulfestes machten der Schulleiter, Dr. Matthias Hoffmann, und die Vertreter von Personalrats und Elternbeirat deutlich, wie sehr Frau Boss zum akademischen Niveau des Gymnasiums und zur Qualität und Qualitätssicherung der pädagogischen Arbeit beigetragen hat.

Ihr Weggang hinterlässt eine große Lücke in der Fachschaftsarbeit Deutsch, der Lese- und Literaturförderung, der LRS-Förderung und der Arbeit in den AGs, vor allem auch in der beliebten Steinzeit-AG, die auf ihre Initiative und die Kooperation mit dem Federseemuseum zurückgeht. Mit ihrer Unterrichtsarbeit und den vielfältigen außerunterrichtlichen Aktivitäten gestaltete  Frau Boss das Profil der Schule auch in Richtung auf die Programmatik der UNESCO-Schulen mit. An dieser Programmatik orientiert sich das Progymnasium, dem deshalb 2016 der fortgeschrittene Status einer „interessierten UNESCO-Projektschule“ zuerkannt wurde.  Frau Boss unterrichtete im Laufe ihrer wechselhaften Berufszeit in Friedrichsfafen, Bad Saulgau und Bad Buchau die Fächer Deutsch und Erkunde auf allen Stufen bis zum Abitur. Aufgrund ihres immensen fachlichen und methodischen Wissens und Könnens und ihres großen Interesses – weit über die eigenen Fächergrenzen hinaus – war es für sie auch kein Problem, neben ihren angestammten Fächern auch noch die Fächer Geschichte und Gemeinschaftskunde fachfremd zu unterrichten. Der Schulleiter führte in seiner Rede näher aus: „Klarheit in der Sache, Struktur im Handeln – immer im Interesse des Ganzen, vor allem aber im Sinne einer gymnasialen Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler – dem Vermitteln der Freude, die sich einstellt, wenn man etwas kann und weiß, dem Sich-nicht-zufrieden-geben mit weniger als dem, was man wirklich leisten kann – all diese Prinzipien stellen die Eckpunkte für das Handlungsfeld Ihrer Bemühungen um und für unsere Schülerinnen und Schüler dar. Eine Lehrerin aus Überzeugung und mit hohen Ansprüchen, nicht nur an die Schülerinnen und Schüler, vor allem aber auch an das eigene Handeln. Ich habe Sie und ihre Arbeit in den letzten 5 Jahren sehr zu schätzen gelernt und die Schule verliert mit Ihnen eine Kollegin und Lehrerin, die mit ihrer Erfahrung und Übersicht einfach fehlen wird.“

 

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Text und Bilder: Martin Gabel


Herr Dr. Matthias Hoffmann hielt zur Verabschiedung von Frau Oberstudienrätin Ursula Boss die folgende Rede:

Verabschiedung Frau Boss, 25.07. 2016

Liebe Frau Boss, nachdem Sie in den letzten Wochen Unterlagen sortiert und ausgemistet haben, die Bücherregale der Fachschaft Deutsch kontrolliert und gegebenenfalls neu geordnet haben, die Übergabe des Fachschaftsvorsitzes Deutsch, der Lese-Rechtschreibförderung und der Steinzeit AG und auch sonst alle Bereiche ihrer Tätigkeitsfelder durch akribische Bearbeitung auf die Zeit „nach Boss“ vorbereitet haben, ist es also soweit – das Ende ist nah: die letzten Tage der Frau Boss an unserer Schule. Wie haben wir uns diese vorzustellen? Wie werden sie sein, die letzten Tage, die letzten Handlungen als hauptamtliche Lehrerin des Progymnasiums Bad Buchau? Ich glaube: genussvoll. Später vielleicht etwas wehmütig; aber erst einmal genussvoll.

Stellen sie sich das alle nur einmal vor! Zum letzten Mal durch die Tür gehen und das Lehrerzimmer betreten und schnell und zielstrebig zur Kaffeemaschine gehen. Sich das letzte Mal ärgern, dass der Zucker fehlt, oder die Milch oder sogar der Kaffee! Zum letzten Mal den Schulleiter darauf hinweisen, dass die Tasse mit der Aufschrift „Boss“ nicht ihm zusteht. Dieser wird dabei mit einem milden Lächeln bedacht. Ein letzter Blick zum Vertretungsplan: Nur eine Vertretung heute? – Ach, ist doch egal, es ist der letzte Tag. Und wieder zeigt sich das milde Lächeln gegenüber dem Direktorat. Nur ein mildes Lächeln. Nicht mehr.

Und dann geht es auch schon los. Die erste Stunde beginnt. Ein fünftletztes Mal, viertletztes Mal, ein letztes Mal vor der Klasse stehen und erst mal für frische Luft sorgen. Die Schüler arbeiten; Frau Boss klärt die Dinge. Ein paar Mal noch zur Ordnung rufen – es hat sich nichts verändert und es wird sich nicht verändern und sollten sich zukünftig doch Dinge verändern, kann sie es gelassen aus der Ferne betrachten, und auch das ist ein gutes Gefühl. Der Unterricht ist beendet. Ein letztes Mal Frau Walser im Sekretariat aufsuchen. Den Schlüssel beim Hausmeister abgeben.

Bevor nun aber Frau Boss meine Worte zum Anlass nimmt um gleich das Podium zu verlassen, muss ich meine Ausführungen zu den „genussvollen“ letzten Tagen von Frau Boss an unser Schule noch ein wenig nach hinten schieben. Und außerdem – typisch Boss – ist es ihr eigentlich überhaupt nicht recht, dass an dieser Stelle um ihre Person so ein Rummel gemacht wird, und überhaupt, und so ein Quatsch, völlig unnötig ……

Leider kann ich Ihnen, liebe Frau Boss, diesen „Rummel“ nicht ersparen, ehrlich gesagt, ich möchte es auch gar nicht.

Liebe Frau Boss, im Februar 2015 begingen Sie ihr 40-jähriges Dienstjubiläum. Sie sind nun also seit 41, 5 Jahre als Lehrerin im Dienste des Landes Baden Württemberg tätig. Sie haben über 4 Jahrzehnte lang Schülerinnen und Schüler in den Fächern Deutsch und Erkunde auf das Abitur hin vorbereitet und, wenn ich mich nicht verzählt habe, zum vierten Mal in ihrer Dienstzeit an einer Schule einen neuen Bildungsplan mit auf dem Weg gebracht. Aufgrund Ihres immensen fachlichen und methodischen Wissens und Könnens und ihres großen Interesses – weit über die eigenen Fächergrenzen hinaus – war es für Sie auch kein Problem, neben Ihren angestammten Fächern auch noch die Fächer Geschichte und Gemeinschaftskunde fachfremd zu unterrichten. Und auch dies mit dem Ihnen eigenen Anspruch auf höchste Qualität.

Nach den Stationen Bad Saulgau und Friedrichshafen haben Sie die letzten 6 Jahre ihrer Dienstzeit an unserer Schule verbracht. Was für ein Glück für uns! Pech für mich ist nur, dass die Personalakte bei uns, aus der ich ja gerne auch Informationen für die Verabschiedung entnehme, nur 6 Jahre umfasst. Diese 6 Jahre hatten es aber in sich. Neben dem Unterricht in allen Klassenstufen in den Fächern Deutsch und Erdkunde hatte es Ihnen vor allem auch der Geschichtsunterricht in Klasse 6 angetan – eine Tatsache, aus der sich für unsere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit ergeben hat, in Kooperation mit dem Federseemuseum die durch Ihr Engagement initiierte Steinzeit AG  zu besuchen. Sie haben damit auch den Grundstein für die Entwicklung unserer Schule hin zur UNESCO-Projektschule gelegt. Dafür bin ich Ihnen persönlich sehr dankbar. Auch ihre besonderen Bemühungen um die Implementierung einer wohldurchdachten und klar strukturierten Förderung lese- und rechtschreibschwacher Schülerinnen und Schüler in Klasse 5 und 6 muss an dieser Stelle Erwähnung finden. Sowohl im Unterricht, wie auch im außerunterrichtlichen Bereich habe ich Sie als aktive und unermüdliche „Schafferin“ kennen gelernt, die vor dem Hintergrund reichhaltiger Berufserfahrung alles für die Schule und die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler gegeben hat – manchmal bis hin zur Erschöpfung.

Klarheit in der Sache, Struktur im Handeln (nicht nur bei den im Detail ausgearbeiteten Vorgaben für „Wie habe ich einen Ordner zu führen“) – immer im Interesse des Ganzen, vor allem aber im Sinne einer gymnasialen Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler – dem Vermitteln der Freude, die sich einstellt, wenn man etwas kann und weiß, dem Sich-nicht-zufrieden-geben mit weniger als dem, was man wirklich leisten kann – all diese Prinzipien stellen die Eckpunkte für das Handlungsfeld Ihrer Bemühungen um und für unsere Schülerinnen und Schüler dar. Eine Lehrerin aus Überzeugung und mit hohen Ansprüchen, nicht nur an die Schülerinnen und Schüler, vor allem aber auch an das eigene Handeln.

Ich habe Sie und ihre Arbeit in den letzten 5 Jahren sehr zu schätzen gelernt und die Schule verliert mit Ihnen eine Kollegin und Lehrerin, die mit ihrer Erfahrung und Übersicht einfach fehlen wird.

Ich spüre, dass Frau Boss nun langsam etwas ungeduldig wird und ihr das Ganze schon zu rührselig wird. Deswegen möchte ich meine Ausführungen zu den „genussvollen“ letzten Tagen an der Schule, die ich vorhin unterbrochen habe, fortführen.

Also – der Schlüssel ist beim Hausmeister abgegeben. Und ab sofort – Freiheit! Eventuell bekommt der „Chef“ doch noch die „Boss“-Tasse. Vielleicht ein kleines übermütiges Hüpfen, ein Springen über den Pausenhof, natürlich in angemessener Würde, dann ist der Hof überquert und die Freiheit liegt vor Ihnen. Die letzten Schritte bis zum Auto.

Wenn Sie jetzt wieder kommen, dann auf Besuch. Und dann können Sie Geschichten erzählen, von Zeiten im Urlaub, die gar nicht mit Ferien zu tun haben, und dass es ganz wunderbar ist, mal im März oder auch im Oktober zu reisen; und ein kleines Lächeln ist wiederum zu erkennen, wenn Sie genüsslich erzählen, vom langen Schlafen und von langen Nächten und von den Büchern, die sie gelesen haben, während wir uns mit Materialien herumschlagen, die immer wieder dasselbe enthalten, nur in anderen Verpackung. Das wird ein herrliches Leben und wir beneiden Sie alle ein wenig.

Liebe Frau Boss, die Schulgemeinschaft dankt Ihnen für ihr unermüdliches Engagement und ihren Einsatz für unsere Schule. Wir wünschen Ihnen alles Gute, vor allem aber Gesundheit für den wohlverdienten Ruhestand und dass Ihnen die Dinge, die sie in Zukunft noch angehen möchten gelingen werden – darüber mache ich mir aber bei Ihnen keine Sorgen.


Es folgt die Rede des Vertreters des Personalrats, Martin Gabel

Liebe Ursel,

Dir eine Rede zur Verabschiedung in den Ruhestand zu halten, ist für mich fast eine Unmöglichkeit, denn in Deinem langen wechselhaften Schulleben hast Du soviel geleistet, dass zumindest ich es im Detail nicht wissen kann. Das Amtliche, aber auch die Wertschätzung Deiner Person hat die Schulleitung bereits ausgeführt, mir bleibt, Dir vor allem für die Fachschaft Deutsch und für das Kollegium zu danken und unsere Anerkennung für das auszusprechen, was Du auch aus unserer Sicht geleistet und für uns als Kollegin bedeutet hast.

Für die Fachschaft Deutsch hast du eine unendlich gründliche, umfasssende und akribisch dokumentierte Arbeit geleistet, die Deinen Nachfolgern Maßstab und ein wahrscheinlich unerreichbares Vorbild bleiben wird. Du hast darüber hinaus vor allem das Lesen an der Schule durch vielfältige Aktivitäten und Projekte gefördert, das Erlebnis von Literatur, den künstlerisch-kreativen Aspekt des Umgangs mit der Sprache in den Mittelpunkt gestellt. Dabei waren Dir aber auch die Fundamente des Fachs, Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung bis hinauf in die oberen Klassen wesentlich, in denen man die grundlegenden Kenntnisse und Fertigkeiten eigentlich voraussetzen muss.

Wie wenigen der jüngeren Kollegen ist Dir durch eigene Erfahrung  immer bewusst gewesen, wie sehr das akademische Niveau der Schüler gefährdet ist und durch den Einsatz der Fachlehrer nur bedingt ausgeglichen werden kann. Du hast noch beurteilen können, was akademisches Niveau ursprünglich und eigentlich bedeutet und weiter bedeuten sollte und Du hast diese Orientierung immer als Richtschnur für Deine Arbeit vor Dir gesehen und auch anderen vermittelt.

Besonders erwähnenswert ist darüber hinaus, wie sehr Du Dich bemüht hast, Schüler zu motivieren, ihnen Freude an deinen Fächern zu vermitteln und sie zu unterstützen, ich denke dabei an die Leseförderung, an die LRS-Förderung und nicht zuletzt die Steinzeit-AG.

Im Kollegium wirst Du besonders auch deshalb fehlen, weil Du die Konferenzen mit Deinen sachlichen und oft sehr kritischen Beiträgen bereichert hast. Du scheutest keine Debatten und keine Konflikte, nicht mit Kollegen, Schülern oder Eltern und bist dabei auch oft an deine eigenen Grenzen oder die Grenzen der bürokratischen Schulwirklichkeit gestoßen. Ich persönlich erinnere mich bei der Zeit mit Dir an das Wort Bonhoeffers, dass man sich selbst leicht überschätzt, wenn man vergisst, was man durch andere empfangen und gewonnen hat. Von manchen Grundsätzen Deiner Arbeit habe ich mich geradezu anstecken lassen und hoffe, dass wir Dein Erbe hier nicht nur in Worten loben, sondern auch in der Fachschaftsarbeit weiterführen können.

Ich kann mir wie viele andere eigentlich nicht vorstellen, dass die pädagogische Arbeit bei Dir zur Vergangenheit gehören wird, denn für Dich war Dein Beruf niemals nur Brotwerwerb, sondern ganz offensichtlich Leidenschaft. Andererseits hast Du vieles zurückgestellt, wofür Du jetzt im Ruhestand die nötige Zeit findest, und manches eher Belastende wird wegfallen.

Wir wünschen Dir für deine Zukunft alles Gute, vor allem auch Gesundheit, die leider mit zunehmendem Alter immer mehr in den Vordergrund tritt. Wir sind sicher, dass Du Dich bald wieder mit Leidenschaft im „Unruhestand“ den Aktivitäten widmen wirst, die dein Leben bestimmen und dich erfüllen.

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