Das Progymnasium Bad Buchau ist gemäß seinem Profil der Medienerziehung besonders verpflichtet. Dies zeigt sich nicht nur in der Ausstattung mit modernen multimediafähigen Computern im EDV-Raum, einem Laptopwagen, einem Klassensatz von Tablets und einem leistungsfähigen Intranet, sondern im Mediencurriculum der Schule, das eng mit dem Methodencurriculum verzahnt ist.
Kinder und Heranwachsende müssen Gefahren erkennen und vermeiden lernen, meint Bernd Schorb, Professor für Medienpädagogik in Leipzig. Das gilt auch für das Internet und die sozialen Netzwerke. Das Drangsalieren, Demütigen oder Mobben von Altersgenossen ist keine Erscheinung der Neuzeit. Neu ist die Dimension der Bloßstellung durch YouTube, Facebook, Twitter, WhatsApp und Co.
Heranwachsende medienkompetent zu machen, ist seit 30 Jahren eine wohlfeile Forderung, die besonders an Erziehende, vor allem an Lehrkräfte gerichtet wird. Sie sollen Mädchen und Jungen befähigen, sowohl die Chancen neuer Medien zu nutzen als auch deren Gefahren zu erkennen und zu vermeiden. Klar ist: Das Internet ist heute integrierter und konstitutiver Bestandteil unseres Alltags. Neue Medien sind fast schon zu einem weiteren Körperorgan – zumindest fast jedes Jüngeren – geworden, das nur noch nicht eingewachsen ist. Das Smartphone – und mit ihm die Social Networks – begleitet nicht nur junge Menschen überall, es verbindet sie auch potenziell mit allen anderen und bezieht sie in die virtuelle Welt ein.
Doch mit der „digitalen Revolution“ hat sich auch das soziale Leben verändert. Kommunikation und Zusammenleben werden im erweiterten Lebensraum der Netzwelt einerseits von Menschen gesteuert, andererseits beeinflussen sie das Verhalten vor allem der allermeisten Jugendlichen erheblich. Die neuen Medien – und über sie Regierungen und Konzerne, die sie beherrschen und von ihnen profitieren – greifen nicht nur in unseren Alltag ein, sondern können auch unsere Persönlichkeit entkleiden und enteignen. Allein das macht deutlich, dass jeder Heranwachsende Urteilskraft entwickeln muss, will er nicht der Netzwelt hilflos ausgeliefert sein. Medienkompetenz wird so zu einer Schlüsselkompetenz. Das betrifft auch den Umgang mit Cybermobbing. Die um YouTube, Facebook, Twitter, WhatsApp etc. erweiterte Welt kennt weiterhin die gleichen Probleme wie früher: Denn die Geschichte der Schule war und ist begleitet von Leidensgeschichten, in denen Schülerinnen und Schüler ihre Klassenkameraden gedemütigt und gequält haben. Hier fehlte und fehlt den Akteuren zunächst soziale Kompetenz. Aber der entscheidende Unterschied zu früher ist, dass jedes Handeln und seine Folgen in den Internet-Plattformen des virtuellen Raumes öffentlich, für jeden Zweck zu verwenden und zu missbrauchen – und dazu noch von Dauer – sind. Junge Menschen sollten deshalb zu souveränem Handeln in den sozialen Netzwerken befähigt werden, sich von diesen nicht steuern zu lassen, sondern sie sich so zu eigen zu machen, dass sie auch in der Lage sind, kritische Informationen zu verbreiten. So wie sie von Netzmonopolisten – z. B. Google oder Apple – nicht gewollt sind. Medienkompetenz müsste sich daher auf drei Bereiche konzentrieren:
- Erstens: Junge Menschen müssen wissen, wie die vernetzte Welt funktioniert, wie Daten wandern, wie man auf sie zugreifen, sie manipulieren kann und vor allem, welche finanziellen und politischen Interessen dahinter stehen und welchen Stellenwert der Mensch dabei einnimmt.
- Zweitens: Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein, die Wissensbestände digitaler Medien zu überprüfen, einzuordnen sowie Informationen auszuwählen. Das setzt voraus, dass sie sich an ethisch-moralischen Maßstäben orientieren können.
- Drittens: Mädchen und Jungen müssen sich auch mit der neuen Technologie vertraut machen, um mit Sprache, Bildern, Tönen und Symbolen, im Austausch mit anderen Menschen, soziale Realität gestalten zu können.
Und nicht zuletzt sollten junge Erwachsene in der Lage sein, sich gegen den totalen Zugriff der Medienkonzerne politisch zu wehren ebenso wie gegen die Überwachung durch die Nachrichtendienste. Sie sollten von den Regierungen einfordern, sie davor zu schützen, um so die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben in der Mediengesellschaft zu schaffen.
Ein bisschen viel verlangt von der Schule? Ja, wenn sie das alles allein zu bewerkstelligen hätte. Aber: Medienkompetenz müssen in einer demokratischen Gesellschaft alle erwerben in den, mit und auch gegen die Medien.
Bernd Schorb,
Professor für Medienpädagogik, Leipzig
Quelle und weiterführende Informationen: Bernd Schorb „Medienkompetenz als Komapss“: http://www.gew.de/Medienkompetenz_als_Kompass.html